Freitag, 2. Mai 2014

Über Plastik zwischen den Zähnen, Alu unterm Arm und Chlor ums Huhn

Eigentlich wollte ich nur kurz einmal auf facebook nachschauen, was es so Neues gibt. Gleich als erste Meldung springt mir ein Hinweis auf eine Seite vom BUND ins Auge, in dem es um Mikroplastik insbesondere in Kosmetika geht.

Zunächst bin ich nur leicht irritiert und vermute, ich bringe was durcheinander. Aber nein, die Meldung, die ich jüngst gelesen hatte, handelte von Aluminium in Deodorants. Ist was grundsätzlich anderes. Dabei kann Brustkrebs ausgelöst werden. Während Mikroplastik nicht filterbar ist, deswegen in die Gewässer gelangt, darüber in die Tiere und letztendlich bei uns auf dem Teller. Da das Plastik Schadstoffe bindet bringt das einige üble Folgen mit sich - jetzt mal unabhängig davon, dass das ganze Zeug auch noch in den Gewässern  bleibt (und die Folgen sind nicht absehbar) und ich mir das Zeug auch noch täglich ins Gesicht schmiere!

Der BUND hat netterweise schon mal eine Liste zusammengesellt, in der diejenigen Artikel stehen, die Mikroplastik enthalten. Fast wünschte ich, den Artikel gar nicht gelesen zu haben: Die Liste ist lang und geht über alle möglichen Kosmentikfirmen und Produkte. Das Zeug ist wirklich überall drin. In Zahnpasta (direkter kann man sich das Zeug kaum mehr antun), Duschgels, Foundation, Lipgloss, Augenmake-Up...furchtbar! Sofort hatte ich einen Kosmetikartikel identifiziert. Eine Foundation von mir stand nicht auf der Liste - aber leider auch keine Inhaltsstoffe auf der kleinen Glasflasche.  Also wie kriege ich raus, was "gut" ist und was mache ich mit dem "bösen" Zeug?

Nach der Aluminiummeldung hat es schon geschlagene 15 Minuten gedauert, bis ich im Supermarkt Deos ausmachen konnte, die KEIN Aluminium beinhalten. Wie soll es jetzt werden, wenn ich das gesamte Make Up so raussuche? Abgesehen davon, dass ich  nicht weiß, was da noch für Zeug drin ist, das ungesund, giftig oder einfach nur nicht nachhaltig ist? Das Ganze kombiniert mit dem Studium der Inhaltsstoffe und Brennwerte von Lebensmitteln, dem Gespräch mit der Fleischfachverkäuferin über Herkunft, Aufzucht und Futtergewohnheiten zu jedem Fleischprodukt an der Theke - da wird jeder Wocheneinkauf zum Marathonereignis.

Aber selbst, wenn ich das zukünftig so handhabe: Ich bin kein Chemiker und weiß einfach nicht, was wo drin sei darf und was nicht. Ich möchte sicher sein, dass ich in einem Supermarkt einkaufe und nicht meine Familie und  mich vergifte oder unnötig mit Antibiotika belaste - je nachdem. Am liebsten möchte ich  auch noch mit dem guten Gefühl einkaufen, dass ich niemandem damit schade. Das ist unrealistisch und das ist mir klar. Aber ich möchte auch nicht den Produzenten ausgeliefert sein und keine Ahnung haben, was ich da kaufe.  Je nach Grad der Aufregung werden bestimmte Informationen zur Verfügung gestellt: Z.B. ohne Tierversuche, ohne Konservierungsstoffe, parfümfrei usw. Aber das Problem ist, dass ich davon ausgehen muss, damit nur einen Bruchteil davon zu erfahren, was ein noch nicht mal übersensibler Konsument wissen will.

Wie kann sich das ändern? Solange die Produktionsfirmen kein eigenständiges Bewusstsein zur Nachhaltigkeit in ihrer Unternehmenskultur verankert haben, kann das wohl nur über "Schmerz" und Reglementierung erfolgen: Nur dann, wenn die Kunden ihre direkte und größte Macht nutzen, nicht nachhaltige Produkte zu produzieren, werden Unternehmen umdenken - weil die Zahlen nicht mehr stimmen. Ob die Konsumenten ihre Macht auch in einem relevanten und wirksamen Maß nutzen, ist fraglich. Außerdem müssen sie dazu überhaupt erst einmal in die Lage versetzt werden, sich eine Meinung bilden zu können - ich jedenfalls fühle mich nicht ausreichend informiert.

Dann aber wäre es die Aufgabe der Politik, entsprechend zu reglementieren. Am meisten würde hier eine Information der Konsumenten durch entsprechende Transparenz hinsichtlich der Produkte bringen, die bislang reines Wunschdenken ist. Inhaltsstoffe und Produktionsbedingungen werden noch allzu gern im Dunkeln gelassen. Und dabei ist es nicht hilfreich, Freihandelsabkommen hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, die das o.g. Problem noch verstärken (das bekannte in Chlor eingelegte Hühnchen, auch ich möchte es nicht vorenhalten) und durch eine doppelte Intransparenz die Situation der Verbraucher noch weiter zu verschlimmern.

Solange der Wunsch nach dem "mündigen" Konsumenten und einer Politik FÜR den Bürger fromm bleiben, werden wir wohl zukünftig viel Zeit für die Einkäufe einplanen müssen...

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